Südthüringen und der Thüringer Wald – die Perle der deutschen Mittelgebirge

Der Thüringer Wald und Südthüringen bilden die touristische Kernregion des Freistaates Thüringen. Diese Perle der deutschen Mittelgebirge umfassend zu beschreiben scheint aussichtslos zu sein. In unzähligen Liedern, Volksschauspielen, Bildern und Skulpturen versuchten seit jeher die Thüringer, ihrem Thüringer Wald ein Antlitz zu geben.

Der Thüringer Wald und die sich anschließende Rhön erschließen sich jedoch erst ganz, wenn man sie erwandert. Beginnen wir mit dem berühmten Rennsteig. Dieser Höhenwanderweg von insgesamt 168,3 km Länge schlängelt sich über den Kamm des Thüringer Mittelgebirges. Er beginnt an der Werra im Eisenacher Stadtteil Hörschel und endet in Blankenstein an der Saale. Dabei bewegt der sich Wanderer meist in 500 bis 970 Meter Höhe. Wir finden am Bergpfad nicht nur geschichtliche Zeugnisse, nein- der Rennsteig selbst ist deutsche Geschichte.

Seit dem 9. Jahrhundert sind Hinweise auf die Existenz eines Höhenwanderweges bekannt. Ab 1124 soll zwei Mal der Bamberger Bischhof Otto I. über den Wanderweg die Pommern missioniert haben. 1330 wurde der Weg als Rennsteig benannt. Luther überquerte ihn 1530 aus Coburg kommend. Schließlich hieß also der Wanderweg 48 Jahre später Rennsteig. Der Herkunftsname soll sich von rinnen, dem schnellen Laufen, Fortbewegen und stig dem steil ansteigenden Weg abstammen. Er wurde zur schnellen Verbindung, zum Reit- und Laufweg für Boten genutzt. Aber er hatte mit seiner Funktion als Grenze zwischen vielen deutschen Kleinstaaten auch Trennendes. Beredtes Zeugnis sind die 780 Grenz- und die 13 Herrensteine.

Übernachten unter freiem Himmel und in Wanderquartieren

Mit territorialen Grenzen gingen schon immer die religiösen und sprachlichen Grenzen einher. Mindestens je drei Dialekte werden auf der nördlichen und der östlichen Seite des Thüringer Waldes gesprochen. Manchmal reichen ein Dorf, ein Steinwurf oder ein Katzensprung aus, um Verständigungsschwierigkeiten auszulösen. Eine Wanderung, das Übernachten unter freiem Himmel, die Bekanntschaft der Rennsteigläufer und die einmalige Natur sind es, was alle zusammenschweißt. Biegen wir dann in die Seitentäler ab, begeben wir uns in die kleineren Ortschaften am Rennsteig, wird uns aktives Brauchtum und die Gastfreundlichkeit der Thüringer begegnen.

Das Luxushotel ist eher die Ausnahme. Die Regel sind ehrliche, saubere Wanderquartiere, in denen man meist nur wenige Nächte bleibt. Dafür ist das Essen umso üppiger. Thüringer hausgeschlachtete Wurst, zum Mittag Fleisch, Rotkraut und Klöße sind ein Muss im Süden. In Sonneberg sind die Klöße anders als anderswo und dort wieder anders, Kloß ist nicht gleich Kloß, man merke! Große Laibe Bauernbrot nicht vom Supermarkt, dazu frische Tomate und Gurke, es braucht nicht viel, um satt zu werden. Es gibt den Glasbläser immer noch ebenso wie den Holzschnitzer, den Waffenschmied, den Töpfer und viele alte Gewerke.

Natur pur und atemberaubende Landschaft

Die Thüringer sind hier im Süden ebenso stolz auf die größte Dampfmaschine Europas in Ohrdruf als auch auf die steilste Standseilbahn der Welt in Oberweißbach. An Unterhaltung wird es auf den zahlreichen Freilichtbühnen nicht fehlen und selbst der Badespaß kommt links und rechts des Rennsteigs nicht zu kurz. Für die Radfahrer wurde eigens ein Rennsteig-Radwanderweg geschaffen, der ungefähr 30 km länger als der Wanderweg ist.

Biegt man ungefähr auf der Hälfte des Rennsteiges, vor dem Schneekopf (978 m), auf die Klassikerstrasse ab und folgt ihr durch das Vessertal vorbei am Kloster Veßra, über den Werra-Radweg nach Meiningen, gelangen wir unweigerlich in die Vorderrhön. Ein weiteres Mittelgebirge prägt hier die Landschaft. Bayern, Hessen und Thüringen teilen sich die Rhön, wenn das auch nicht immer so brüderlich war. Bis zur Wende 1989 waren die Höhenzüge mit militärischen Geräten auf beiden Seiten der deutsch- deutschen Grenze gespickt. Abhörposten und Spionageeinrichtungen wohl aller Alliierter sowie der deutschen Staaten gaben sich hier ein Stelldichein.

Ein Mekka für Radfahrer und Wanderer

Des Einen Leid ist des Anderen Freud und so ist der größte Teil der Thüringer Rhön heute Biosphärenreservat. Der Reisende sollte sich für diese einzigartige Landschaft Zeit nehmen. Das Gebirge ist teilweise vulkanischen Ursprungs. Nicht so bewaldet wie der Thüringer Wald hat die Rhön jedoch liebliche Abschnitte, in denen eine Erhebung der anderen folgt.

Kaltennordheim gehört zu den ältesten Orten der Rhön. 795 erstmals erwähnt, gehörte es noch zur Abtei Fulda. Die Abgeschiedenheit der Gegend muss immer auch etwas Beängstigendes gehabt haben. Um der drohenden Einsamkeit zu entgehen, halten die Kaltennordheimer schon seit Pfingsten 1563 alljährlich einen Heiratsmarkt ab. Die Straßen in der Westrhön sind leider nicht so gut gepflegt, aber deshalb auch nicht so sehr von Touristen befahren. Hier sollte man unbedingt Exkursionen machen und sich dann nach Norden wenden, wo der Ort Merkers den Reisenden mit einem Schaubergwerk und der jüngsten deutschen Geschichte bekannt machen wird.